Neueinsteiger im Gitarrenbereich sind oftmals überwältigt von der Vielzahl der verschiedenen Hersteller und der Breite des Sortiments. Was für den einen spanische Dörfer sind, ist für den nächsten schon wieder Glaubenssache. Viele Gitarristen schwören auf einen bestimmten Hersteller und dessen Produkte. Die Faktoren, die zur Kaufentscheidung einer E-Gitarre führen können sind ebenso vielfältig, wie die Modelle und Anbieter. Wer grade mit dem Gitarrespielen anfängt oder wer als Eltern seinem Kind das richtige Instrument in die Hand geben will ist hier oft auf die Aussagen der Verkäufer beim Fachhändler angewiesen oder muss sich online durch viele Begriffe recherchieren die er nicht kennt. Denen, die in diesem Dschungel nicht durchblicken, möchte ich hier einen kurzen Überblick über die wichtigsten Gitarrenhersteller und deren Modelle geben.
Gibson vs. Fender
Godzilla gegen King Kong… die beiden weltweit bekanntesten und größten Hersteller von E-Gitarren. Gibson hat mit dem Les Paul Modell ebenso Musikgeschichte geschrieben wie Fender mit der Stratocaster und der Telecaster. Die Gitarren könnten nicht unterschiedlicher sein und doch haben beide Firmen eines gemeinsam: Sie produzieren erstklassige Instrumente mit speziellen Klangcharakteristiken, die Millionen von Gitarristen begeistern. In den 80ern galt es beinahe eine Weltanschauung ob man Gibson oder Fender spielte und wer von einer der Marken überzeugt war, der ließ auch nichts auf diese kommen. Die Instrumente waren exklusiv und zumeist sehr hochpreisig. Seit einigen Jahren haben beide die Zeichen der Zeit erkannt, sich preislich einem breiterem Publikum zugänglich gemacht und moderne Ideen anderer Hersteller übernommen oder selbst entwickelt.
Gibson E-Gitarren
Generell lässt sich sagen, dass Gibson Gitarren meist im oberen Preissegment, Richtung 2000€ tendieren. Mittlerweile gibt es auch einige hervorragende Gibson Modelle für um die 1000€. Das Modell, das Gibson erfolgreich gemacht hat ist die Les Paul. Eine der klassischen Gitarre nachempfundene E-Gitarre, die fast immer einen Korpus und Hals aus Mahagoni besitzt und sehr oft mit einer spektakulär schön gemaserten Ahornholzdecke gekrönt wird. Die Gitarre verfügt über 2 sog. Humbucker Tonabnehmer, die einen fetten und durchsetzungsfähigen Sound erzeugen und sich vor allem für verzerrte Sounds eignen. Hinzu kommt bei der Les Paul die sog. Stop Tail Brücke, eine feste Brücke, die zusätzlich Saitenschwinung auf das Holz überträgt und für einen lang anhaltenden Ton mit ordentlich Power sorgt. Die Gitarre ist in vielen Musikrichtungen daheim, aber berühmt geworden ist sie vor allem im Rock durch Gitarristen wie Slash oder Jimmy Page. Die Les Paul Form wird oft von anderen Herstellern kopiert und sehr viele dieser Gitarren sind hervorragende Instrumente. Das Orginal ist und bleibt jedoch eine “echte” Gibson Les Paul. Für Anfänger sind Gibson Gitarren oftmals auf den ersten Blick zu teuer, was nicht bedeutet, dass eine günstige Les Paul das falsche Einstiegsinstrument wäre. Die hervorragenden Soundeigenschaften sowie eine perfekte Verarbeitung und Bespielbarkeit erleichtern das Spiel / Üben und fördern die Entwicklung des Gehörs für den Klang des Instruments. Man erkennt deutlich unterschiedliche Soundnuancen und lernt diese für sein Spiel einzusetzen.
Übersicht Gibson E-Gitarren
Fender E-Gitarren
Wo Gibson noch zeitweise als sehr teure und exklusive Marke galt, hatte Fender sich schon dem mittleren Preissektor geöffnet und Modelle angeboten, die auch für Normalverdiener erschwinglich waren. Das soll aber nicht heissen, dass Fender nicht auch die oberen Preisklassen kennt. Customshop Modelle oder in Amerika handgebaute Instrumente können gerne mal um die 3000€ kosten. Fender wurde weltweit bekannt durch seine Modelle Stratocaster und Telecaster. Beide Gitarren verfügen über sog. Single Coil Pickups und eignen sich vor allem für cleane und angezerrte Sounds. Die Stratocaster ist mit ihren 3 Single Coils und dem 5-Weg Schalter eine der vielseitigsten Gitarren was das Soundbild angeht. Von warm und bluesig bis hin zu scharf und reißend bietet diese Gitarre eine Vielzahl an Möglichkeiten gut zu klingen. Im Gegensatz zur Festen Brücke der Telecaster besitzt die Fender Strat tradionell ein sog. Standard Tremolo. Mittels eines Hebels an der Brücke können die Saiten schnell entspannt (oder je nach Aufhänung auch angespannt) und die Tonhöhe somit verändert werden. Leider haben die Standard Tremolos öfters mal mit der Stimmstabilität zu kämpfen und sollten daher eher subtil eingesetzt werden. Die Telecaster ist ähnlich bekannt und berühmt wie die Stratocaster (oder auch kurz Strat) hat aber Soundtechnisch einen vollkommen anderen Grundcharakter. Die mit 2 Single Coils ausgestattete Tele klingt noch etwas präsenter und knackiger als die Strat. Allg. bezeichnet man ihren Sound als “twangy” und spricht von dem “twang” den eine Telecaster hat. Der damit gemeinte Soundcharakter ist vor allem in Bluegrass und Country Musik hörbar. Sowohl Strat als auch Tele werden von vielen großen Namen der Musik-/Gitarrenwelt gespielt. Darunter befinden sich Eric Clapton, Bruce Springsteen, Mark Knopfler, Jimmy Hendrix uvm.. Sowohl Strat als auch Telecaster eignen sich hervorragend als Einsteigermodell, da sie je nach Preissegment sehr gute Soundeigenschaften aufzeigen und über eine saubere Verarbeitung und qualitativ hochwertige Komponenten verfügen. Telecaster sind evtl. etwas zu speziell im Sound um für jeden Einsteiger das richtige zu sein, aber in jedem Fall eine solide All-round Gitarre.
Übersicht Fender E-Gitarren
Ibanez E-Gitarren
Die Gitarren von Ibanez haben den Ruf des Alleskönners und sind bei Einsteigern wie Profis beliebt. Bekannt ist bei Ibanez vor allem das sog. RG Modell (das Kürzel steht für Roadster Guitar). Die RG ist standardmäßig 2 Humbuckern und einem Single Coil in der Mitte, sowie einem 5-Weg Schalter ausgestattet. Darüber hinaus verfügt die RG über ein sog. Floyd Rose Tremolo, welches ähnlich wie das Standard Tremolo der Strat funktioniert. Bei dieser Art von Tremolo sind jedoch am Steg zusätzlich 3 Locking Schrauben angebracht, welche die Saiten quasi abklemmen und so Stimmstabilitätsprobleme beim Einsatz des Tremolos eliminieren. Aufgrund der Pickupkombination und des 5-Weg Schalters könnte man die RG als eine heavy Version der Stratocaster ansehen und in der Tat werden Gitarren dieser Art oft auch als “Powerstrat” bezeichnet. Ibanez ist bekannt für seine sehr flachen Halsprofile, welche für eine sehr leichtgängige Bespielbarkeit sorgen. Anfängern erleichtert dies das Üben auf dem Instrument und Profis schätzen die flachen Hälse für das extrem schnelle Spiel, dass diese ermöglichen. Ibanez bietet sehr gut verarbeitete Instrumente in fast allesn Preislagen an und ist deutlicher als bspw. Gibson auf Gitarristen aller Budgetklassen und spielerischen könnens ausgelegt. Die Soundeigenschaften der RG sind vielfältig und die Gitarre ist durch ihre Pickup Bestückung für fast alle Musikalischen Stilrichtungen geeignet. Durch den Single Coil in der Mitte und die verschiedenen über den Schalter anwählbaren Pickup Kombinationen sind sowohl fette Zerrsounds wie auch saubere Clean Sounds möglich. Ist die RG also die ultimative Antwort auf Les Paul, Strat und Telecaster? Leider nein. Was die RG an Möglichkeiten bietet machen die traditionellen Fender und Gibson Modelle durch Soundcharakter wieder wett. Die RG klingt nicht Charakterlos, aber hat eben auch nicht die Ausgeprägtheit der Soundcharakter einer Strat oder einer Les Paul. Dennoch machen Flexibilität, sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis und angenehme Bespielbarkeit die Ibanez RG zu einer sehr interessanten Gitarre für Einsteiger und Profis.
Übersicht Ibanez E-Gitarren
ESP E-Gitarren
Die Firma ESP zählt zu einer der derzeit meistgekauften Gitarrenmarken. Grade bei Anfängern und Freunden des schweren Heavy Metal Sounds sind ESP Gitarren sehr beliebt und in fast jeder Preiskategorie vorhanden. ESP führt in seinem Sortiment eine Vielzahl von Les Pauls, Powerstrats, Strats, Explorer und anderen bekannten Formen, hat aber auch eigene entwickelt (hier abgebildet die “ESP F”). Die Gitarren sind mit zahlreichen Optionen zu haben (Powerstrats mit fester Brücke bspw.) und vornehmlich mit Outputstarken Humbucker Tonabnehmern ausgestattet. Soundtechnisch sind die Gitarren fast durchgehend auf hohe Zerrgrade ausgelegt. Günstige Modelle (im Preisbereich von 200€) haben im Clean Bereich oft mit der Sauberkeit des Sounds zu kämpfen. Die Pickups produzieren einen sehr dicken Ton, der oft leicht anzerrt und nicht wirklich “sauber” klingt. Angesichts der Preiskategorie und der Tatsache, dass mit diesen Gitarren vornehmlich Zerrsounds gefahren werden ist dies jedoch nur ein kleiner Minuspunkt. Gitarren von ESP im Bereich von 400€ haben diese Kinderkrankheiten bereits nicht mehr und sind auch für Fortgeschrittene noch geeignet. Aber auch für professionelle Ansprüche bietet die Marke ein breites Sortiment an geeigneten Gitarren, welche immernoch zu Günstigen Preisen zu haben sind (Preisbereich 800-1000€ und darüber). ESP Gitarren zeichnen sich durch eine standardmäßig sehr gute Verarbeitung und ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis aus. Grade für Anfänger, die sich der härteren Gangart verschrieben haben, bietet ESP solide Gitarren, an denen man lange Spielspaß hat. Gitarren der Mittleren Preiskategorie lassen sich auch einfach aufwerten und bühnentauglich machen, indem man die Standard Tonabnehmer durch Markenmodelle austauscht bzw. einbauen lässt.
Übersicht ESP E-Gitarren
Jackson E-Gitarren
Jackson ist -ähnlich wie ESP- ein etablierter Hersteller von Gitarren, die hauptsächlich die Heavy Metal Fraktion ansprechen. Neben klassischen Formen wie Flying V’s, Explorer und Strats führt Jackson vor allem ein breites Sortiment an Powerstrats – “Soloist” und “Dinky” Modelle. Neben den “standard” Modellen gibt es auch eine Reihe an Custom und Signature Modellen, welche für bekannte Gitarristen von Jackson nach deren Vorstellungen gefertigt wurden. Diese können eine komplett eigene Form haben, oder eine besondere Lackierung / Tonabnehmerkombination… manchmal auch alles auf einmal. Da Jackson ebenfalls hauptsächlich auf Heavy Metal ausgelegt ist, kann man deren Gitarren kategorisch gut mit ESP vergleichen. Die Instrumente haben fast immer Outputstarke Pickups, welche bei Modellen im Niedrigpreissektor kleine Abstriche im Clean Sound machen. Im mittleren Preissegment verschwinden diese Soundprobleme größtenteils und die Instrumente entwickeln zunehmend klaren und druckvollen Sound der auch hohe Zerrgrade gut verträgt. In Sachen Stimmstabilität kann Jackson bei den Floyd Rose Brücken absolut an die Refferenzleistung von Ibanez anknüpfen und auch was die Flexibilität angeht bieten bspw. Soloist Modelle mit 2 Single Coils und einem Humbucker hervorragende Soundvielfalt. Neben tauglichen Gitarren im Preisbereich von um die 200€ besitzt Jackson ein starkes Mittelfeld in der Preislage 400-700€. Wer höhere Ansprüche an eine Einsteiger- oder Fortgeschrittenen Heavy Gitarre hat wird ab 800€ definitiv fündig werden. Auch über bei über 2000€ finden sich hervorragende, handgearbeitete USA Modelle, die auch den Höchsten Anforderungen an Komponenten und spielerischem Können gewachsen sind.
Übersicht Jackson E-gitarren
Epiphone E-Gitarren
Die Firma Epiphone ist eine Tochterfirma von Gibson und stellt deren Modelle zu besonders günstigen Preisen her. Aufgrund der Lizensierung durch Gibson ist Epiphone die einzige Firma, die die Orginal Formen und Maße zu 100% nachbauen darf. Die Gitarren von Epiphone bedienen den Markt der Gibson Fans, für die die Orginale einfach unerschwinglich sind. Dabei macht Epiphone in Sachen Qualität jedoch keine Kompromisse. Hatten die Gitarren in den 80ern und 90ern noch teilweise mit brummenden und pfeifenden Pickups zu kämpfen, verfügen Sie heute über wesentlich verbesserte Pickups und ein klareres Soundbild. Die beliebtesten Epiphone Modelle sind wohl die Nachbauten der Les Paul, SG, Explorer und der Flying V. Darüber hinaus hat Epiphone auch einige von Gibson Vorlagen unabhängige Signature Modelle im Programm wie z.B. die Jeff Waters (Annihilator) Flying V. Da sich die meisten Epiphone Gitarren stark an den Gibson Originalen orientieren ist das Soundbild dementsprechend traditionell. Die Tonabnehmer haben zumeist einen moderaten Output und die Instrumente erzeugen einen authentischen Blues / Rock / Jazz Sound mit Charakterzügen die deutlich an die großen Orginale erinnern. Die Preisrange fängt bereits bei um 100€ an und endet vorerst bei etwa 800€. Einige Modelle wie die “Elitist” Serie können auch zwischen 1000€ und 1900€ kosten. Epiphone Gitarren sind aufgrund ihrer hervorragenden Verarbeitung und den sehr guten Komponenten (Hölzer, Tonabnehmer, Hardware) bestens für Einsteiger und Fortgeschrittene geeignet. Wer eine gute Les Paul oder Flying V Kopie sucht, liegt bei Epiphone im Preisbereich von rund 400€. Eine lohnende Investition, nicht nur für Anfänger die Wert auf guten Ton legen, sondern auch als Zweit oder zusätzliche Bühnengitarre für Fortgeschrittene.
Übersicht Epiphone E-Gitarren
Anmerkung:
Die Kommentare zu den Gitarren beziehen sich hierbei auch auf die Hersteller, also Fender Stratocaster und Ibanez RG usw.. Sicher gibt es auch Strats, Les Pauls und viele weitere Modelle auch von anderen Herstellern, aber diese alle in einem Absatz zusammenzufassen wäre irreführend. So mache ich z.B. deutlich, dass Fender Strats und Squire Strats qualitativ deutliche Unterschiede aufweisen. Wenn Sie mehr über Stratocaster und sonstige Modelle von anderen Herstellern lesen möchten, so empfehle ich Ihnen die Kategorien auf unserer Hauptseite zu durchstöbern. Sicher ist ein Modell dabei, das Sie interessieren wird. Dieser Artikel dient in erster Linie dazu, einen Überblick über die wichtigsten Hersteller zu bekommen. Konkrete Kauftips und was man beim Erstkauf alles beachten sollte werde ich demnächst in einem separaten Artikel veröffentlichen.
So eine umfangreiche Sammlung von Wissen über Gitarrenherstellern, -hölzern etc. habe ich bisher noch nirgends gefunden. Vielen Dank dafür und nur weiter so!
LG Benedikt
Ein schöner Überblick über die E-Gitarrenwelt. Aber leider fehlen die guten Stücke von Gretsch!